Berechnungen zur Funktionalen Sicherheit
Größen, Formeln und Methoden
D Importanzen
Importanzen geben den Einfluss eines jeden Basis-Ereignisses auf eine System-Kenngröße an. In der Literatur finden sich eine ganze Reihe von Importanzen, welche oft unterschiedlich definiert sind, und fast immer ohne Nennung der System-Kenngröße, für die sie definiert wurden. So wird auch bezüglich der Importanzen oft nur von „Ausfallwahrscheinlichkeiten“ gesprochen.
Importanzen für die System-Ausfallrate
Wenngleich Importanzen meist für die Verwendung mit Fehlerbäumen definiert wurden, lassen sich doch einige auch auf andere Modelle, wie etwa Markov-Modelle anwenden.
D.1 Allgemeine Hinweise
In den Abschnitten 5 bis 7 wurde dargestellt, dass oft eine transiente (zeitabhängige) Berechnung nötig ist, um korrekte Werte zu erhalten. Bei Importanzen kann man hierauf oft verzichten, da zum Einen viele Importanzen per Definition schon relative Größen darstellen, sich Ungenauigkeiten in Zähler und Nenner also aufheben, und zum Anderen der Zweck der Importanzen nur der ist, Basis-Ereignisse oder Minimalschnitte zu priorisieren, wofür es ebenfalls nur auf Verhältnisse oder Größenordnungen und nicht auf bestimmte Zahlenwerte ankommt.
Um die Formeln kurz und einprägsam zu halten, wird im Folgenden auf die Erwähnung der Abhängigkeit von der Systemlebenszeit
D.2 Partielle Ableitung (PD) und Birnbaum-Importanz (BI)
Unmittelbar naheliegend als Maß für die Wichtigkeit einzelner Basis-Ereignisse ist die partielle Ableitung (partial derivative, PD) des System-Werts
Die partiellen Ableitungen der System-Nichtverfügbarkeit
25 Es ist keine Quelle bekannt, die eine partielle Ableitung der System-Ausfallrate als „Birnbaum-Importanz“ bezeichnet.
D.2.1 Partielle Ableitung für die System-Nichtverfügbarkeit
Die Ableitung der System-Nichtverfügbarkeit
Dabei bezeichnet
Mit der Näherungsformel (53) für die System-Nichtverfügbarkeit für Fehlerbäume berechnet sich die partielle Ableitung zu
Bei Verwendung von BDDs kann die partielle Ableitung
Dabei ist
Dabei meint
Da
D.2.2 Partielle Ableitung für die System-Unzuverlässigkeit
Auch für die System-Unzuverlässigkeit kann die partielle Ableitung angegeben werden:
Dabei bezeichnet
-
Beispiel D.1 Der Fehlerbaum eines Systems sei BE1 UND BE2. Damit gilt:
Die Ableitung nach
ist und umgekehrt.
Wie in Abschnitt 7 erläutert, kann ein Fehlerbaum zur Berechnung der
System-Unzuverlässigkeit auch Bedingungen enthalten, also Basis-Ereignisse, die durch ihre Nichtverfügbarkeit
D.2.3 Partielle Ableitung für die System-Ausfallrate
Für die System-Ausfallrate
Man könnte natürlich zwei Ableitungen
Für regelmäßig getestete und reparierte Komponenten etwa gilt für die mittlere Nichtverfügbarkeit
Sinnvoller ist es daher, die Importanz
Mit Formel (64) für die Ausfallrate
ergibt sich
Wenn Basis-Ereignis
Somit gilt
-
Beispiel D.2 Ein System bestehe aus zwei unterschiedlichen Komponenten mit konstanten Ausfallraten
und , welche in unterschiedlichen Intervallen regelmäßig getestet und ggf. umgehend repariert werden. Das System falle dann gefährlich aus, wenn eine der Komponenten ausgefallen ist, und in diesem Zustand noch die zweite Komponente ausfällt. Der Fehlerbaum ist damit BE1 UND BE2. Es gibt also nur einen Minimalschnitt, nämlich {BE1, BE2}. Damit gilt:Für die mittlere Nichtverfügbarkeit jeder Komponente gilt
und somit für deren Ableitung nach : .Somit gilt
und
D.2.4 Berechnung für Markov-Modelle
Aufgrund der oben erwähnten Eigenschaft, dass die partiellen Ableitungen der Nichtverfügbarkeit bzw. Unzuverlässigkeit gleich der Wahrscheinlichkeit sind, dass sich das System in einem Zustand befindet, von dem aus
es bei Eintritt von Ereignis
D.3 Risk-Reduction (RR)
Das Risiko-Reduzierung-Potenzial (engl. Risk Reduction, RR) gibt an, wie sehr
Das Verbesserungs-Potential kann man unmittelbar auch auf die System-Ausfallrate anwenden, da aufgrund der Definition unerheblich ist, durch welche Größe die Qualität eines Basis-Ereignisses definiert ist – oder durch welche
Kombination von Größen. Allerdings muss man dann sinnvollerweise gleichzeitig
D.4 Risk-Reduction-Worth (RRW)
Der Risiko-Reduzierungs-Wert (engl. Risk-Reduction-Worth, RRW) gibt an, wie sehr
Die Risk-Reduction-Worth kann offensichtlich beliebig große Werte annehmen. Je größer, desto wirksamer ist die Verbesserung von Komponente
D.5 Fussell-Vesely-Importanz (FV)
Dividiert man das Risiko-Reduzierungs-Potenzial durch die ursprüngliche System-Größe, so ergibt sich die Fussell-Vesely-Importanz:
Die Fussell-Vesely-Importanz lässt sich sehr leicht auf Basis von Minimalschnitten berechnen:
Entsprechendes gilt für
Alternativ kann man auch die Formel von Esary-Proschan (54)
anwenden, dann erhält man
D.6 Risk-Achievement (RA)
Für die Nichtverfügbarkeit und die Unzuverlässigkeit ist die Risiko-Erreichung (engl. Risk-Achievement, RA) wie folgt definiert:
Mit der zuvor eingeführten Definition der partiellen Ableitung (Birnbaum-Importanz) und dem Risiko-Reduzierungs-Potenzial gilt unmittelbar:
Für die System-Ausfallrate
D.7 Risk-Achievement-Worth (RAW)
Setzt man die RA ins Verhältnis zur ursprünglichen Systemgröße, so erhält man den Faktor, um den sich das Risiko vergrößeren würde, wenn die Komponente
Achtung: Der Summand -1 wird häufig weggelassen.
Wie für die RA ist auch die RAW für Ausfallraten nicht anwendbar, da im Allgemeinen kein Grenzwert existiert.
D.8 Kritikalitäts-Importanz (CRI)
Die Kritikalitäts-Importanz (engl. Criticality Importance, CRI) ist definiert als das Verhältnis der relativen Änderung der Systemgröße zur relativen Änderung der Komponentengröße:
Sie kann auf die Ausfallrate erweitert werden, indem man wie bei der partiellen Ableitung die Komponentengrößen
Sie ist die Wahrscheinlichkeit, dass Komponente
D.9 Importanzen für generische Basis-Ereignisse
Interessant ist auch die Frage, wie sehr sich die System-Eigenschaft
Insbesondere die Importanzen
Für Fehlerbäume berechnet sich die partielle Ableitung nach dem generischen Basisereignis xgen für die System-Nichtverfügbarkeit mit der Näherungsformel (53) zu
Dabei meint
Die partielle Ableitung für die System-Ausfallrate berechnet sich basierend auf Minimalschnitten zu
D.10 Beispielhafte Importanzen für die System-Nichtverfügbarkeit
Für einige einfache Architekturen sind die Importanzen bezüglich
Hinweis: Bei den Berechnungen wurden immer die Mittelwerte
Wert | Beispiel 1 | Beispiel 2 | Beispiel 3 | Beispiel 4 |
Block-diagramm | |
|
|
|
Minimal-schnitte | {A & B} | {A}, {B} | {A.1 & A.2}, {B} | {A & C}, {B & C} |
D.11 Beispielhafte Importanzen für die System-Ausfallrate
Für einige einfache Architekturen sind die Importanzen bezüglich